Sie kaufen sich die Stadt zurück
Mit Milieuschutzgebieten reagieren viele Städte auf steigende Mieten: Sie beschränken Sanierungen oder kaufen ganze Wohnhäuser. Kritiker sehen darin Klientelpolitik.
Wenn ein Eigentümer ein städtisches Mietshaus verkaufen will, meldet sich derzeit oft ein Immobilieninvestor als Interessent. Für den Eigentümer meist eine gute Nachricht, denn der Investor macht ein gutes Angebot. Für die Hausbewohner nicht, denn er will das Geld für seine Investition natürlich wieder reinholen. Das bedeutet dann Luxussanierung, steigende Mieten oder Mietwohnungen, die zu Eigentumswohnungen werden. Für viele bedeutet das den Auszug.
Die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin hatte sich zur Aufgabe gemacht, diese Verdrängung stoppen. Im Koalitionsvertrag verpflichteten sich SPD, Linke und Grüne darauf, dass künftig das Land verstärkt kaufen soll, bevor ein Investor einsteigt. In dieser Woche hat der Senat ein Konzept vorgestellt, damit das sogenannte Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten systematisch zum Einsatz kommen kann.
Aber wirkt das Instrument, das auch andere deutsche Städte einsetzen, um sich gegen das große Geld zu stemmen? In den vergangenen Monaten haben Berliner Wohnungsunternehmen acht Objekte mithilfe ihres Vorkaufsrechts gekauft, vor allem im Szenekiez Friedrichshain-Kreuzberg. Eine große Wohnanlage mitten in Kreuzberg kaufte eine landeseigene Wohnungsfirma für 56,5 Millionen Euro, eine andere Wohnungsbaugesellschaft erwarb zwei Kreuzberger Mietshäuser für 2,8 und 4,4 Millionen Euro. Mieter und Gentrifizierungsgegner jubeln. "Wir kaufen uns die Stadt zurück", sagt der Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne).
Bei weiteren zwölf Häusern mussten sich die Investoren verpflichten, auf Luxussanierungen zu verzichten oder keine Mietwohnungen in Eigentum umzuwandeln. Die Berliner Regierung ist stolz: Etwa 400 Wohnungen seien so in die öffentliche Hand übergegangen. "Und das nur in einem halben Jahr", sagt der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD).
Im gleichen Tempo will die Hauptstadt weitermachen. Damit wird eine Politik der vergangenen Jahre zurückgedreht: Seit den neunziger Jahren haben alle Berliner Regierungen Hunderttausende Wohnungen privatisiert – besonders umstritten etwa war der Verkauf der landeseigene Wohnungsbaugesellschaft GSW mit 66.000 Wohnungen unter dem rot-roten Senat von Klaus Wowereit (SPD).
Um Häuser kaufen zu können, greift Berlin auf den Milieuschutz zurück – so wie immer mehr Städte, die befürchten, dass Investoren die bisherigen Mieter aus ihren Wohnungen verdrängen.
Möglich macht das der Paragraf 172 des Baugesetzbuchs, ein Bundesgesetz. Städte und Gemeinden können über eine sogenannte Erhaltungssatzung Gebiete bestimmen, in denen sie etwa die soziale Zusammensetzung der Anwohner erhalten wollen oder die städtebauliche Eigenart bewahren wollen. In Berlin gib es aktuell 37 Milieuschutzgebiete, weitere sollen entstehen. "Ziel des Milieuschutzes ist, dass Mietwohnungen auch Mietwohnungen bleiben", sagt Finanzsenator Kollatz-Ahnen.
Für die Eigentümer hat das in allen deutschen Städten drei Folgen: Erstens müssen sie große Modernisierungen von der Stadtverwaltung genehmigen lassen. Die will verhindern, dass die Eigentümer mit dem Einbau von Gästetoiletten, Fußbodenheizungen oder einer Vergrößerung der Wohnung die Mieten nach oben treiben. Zweitens kann die Stadt verbieten, Miet- in Eigentumswohnungen oder Büroräume zu verwandeln.
Drittens hat die Stadt in Milieuschutz-Gebieten eben ein Vorkaufsrecht. Wenn Gebäude zum Verkauf stehen, kann die Stadt sie übernehmen und einem städtischen Unternehmen übertragen, das dauerhaft günstige Mieten anbietet. Wer das Gebäude kaufen möchte, kann den Kauf durch die Stadt nur verhindern, indem er eine sogenannte Abwendungserklärung unterschreibt. Der neue Eigentümer verpflichtet sich dann, die Wohnungen weiterhin zur Miete anzubieten und keine Luxussanierungen vorzunehmen. Die Erhaltungssatzung muss die Stadt für jedes Gebiet alle fünf Jahre erneuern.
Berlin will nicht wahllos Wohnungen kaufen, die Stadt hat einen "Fahrplan", wie die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), sagt. Das soll die Prüfverfahren beschleunigen, ob sich der Kauf auch lohnt. "Da wird kein Geld rausgeschmissen", versichert der Finanzsenator Kollatz-Ahnen. Die sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften hätten im vergangenen Jahr Gewinne von insgesamt 380 Millionen Euro gemacht. Damit könnten sie die Käufe finanzieren. Das Land Berlin selbst habe bisher etwa 100.000 Euro bei jedem Hauskauf beigesteuert, sagt Kollatz-Ahnen.
Auch andere deutsche Großstädte haben den Milieuschutz in den vergangenen Jahren genutzt, gehen aber meist zögerlicher vor als Berlin. In Hamburg gibt es seit 2011 Gebiete mit Milieuschutz. Derzeit sind es neun, in denen 125.000 Menschen leben. Bald kommen zwei weitere mit 71.000 Einwohnern hinzu. Über das Vorkaufsrecht hat Hamburg bisher nur ein Mietshaus erworben. In fünf weiteren Fällen hat die Stadt mit den Käufern Vereinbarungen getroffen, um die Ziele des Milieuschutzes einzuhalten.
So verfährt auch Frankfurt am Main. "Insgesamt haben wir in rund zehn Fällen das Vorkaufsrecht ausgeübt, aber in nur einem Fall die Liegenschaft tatsächlich erworben", sagt der Sprecher des Magistrats, Mark Gellert. In den anderen Fällen hat der Käufer eine Abwendungserklärung unterzeichnet. Neun Milieuschutzgebiete gibt es in Frankfurt zur Zeit, sieben weitere sind geplant. Die Stadt ginge gerne noch weiter und möchte Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen grundsätzlich genehmigungspflichtig machen, sagt Gellert. Eine solche Verordnung müsse allerdings das Land Hessen erlassen.
In München setzt die Stadtverwaltung schon seit 30 Jahren auf die Erhaltungssatzung. Derzeit betrifft sie 21 Gebiete, in denen 261.000 Münchner leben. "Die Erhaltungssatzung ist für uns kein Instrument des Mieterschutzes, sondern eine städtebauliche Maßnahme", sagt der Sprecher des Referats für Bauplanung, Thorsten Vogel. "Es geht darum, den Charakter eines Gebietes zu erhalten." Dass die Mieten bezahlbar bleiben, sei eines der Ziele, aber nicht das einzige.
Wohnungseigentümer beklagen sich über den Milieuschutz und das Vorkaufsrecht – zu viel staatliche Regulierung. "Das ist ein Markteingriff, der völlig normale Geschäfte verhindert", sagt Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland. "Einige linke Politiker würden am liebsten ganz Berlin unter Milieuschutz stellen und geben dafür bereitwillig Steuergelder aus." Dabei seien die Mieten im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten immer noch moderat. "Der Milieuschutz bewirkt oft, dass sich junge Familien keine Eigentumswohnung kaufen können", sagt Wohltorf, "obwohl jeder weiß, dass das heute die einzige sichere Altersvorsorge ist." Er hält Milieuschutz deshalb für "Klientelpolitik" und "Wahlkampf".
Der Stadtforscher Sigmar Gude, der seit Jahrzehnten die Entwicklung der Milieuschutzgebiete in Berlin für die Bezirke begutachtet, weist darauf hin, dass der Milieuschutz überschätzt wird. "Es hat seine Wirkung, ist aber kein sehr starkes Instrument", sagt Gude. Es profitierten nur Menschen, die dort schon wohnen, weil der Staat nur Modernisierungen reguliert. "Bei Neuvermietungen gibt es keine Handhabe", sagt Gude.
Der Deutsche Mieterbund würde sich wünschen, dass Politiker Milieuschutz öfter einsetzen, um "Gentrifizierungsdruck" abzumildern, sagt Geschäftsführer Ulrich Ropertz. Dass ihn Städte nur zögerlich nutzen, könne auch daran liegen, dass "der Einsatz öffentlicher Gelder für eine sehr überschaubare Anzahl von Mietern in der Öffentlichkeit oft auf Unverständnis stößt".
Das prominenteste Argument gegen Milieuschutz ist die Sorge, dass die Eigentümer keine Anreize mehr haben, überhaupt etwas zu sanieren – denn sie dürfen die Kosten ja nicht mehr auf die Mieter umlegen. Der Stadtforscher Gude hält davon nichts. "Seit der ersten Untersuchung eines Gebiets in Kreuzberg 1992 hören wir dieses Argument", sagt er. "Das ist absolut unsinnig." Auch in Kreuzberg habe es zeitgemäße Aufwertung gegeben, seit der Erneuerung des Baugesetzes müssten die Behörden solche Standardmodernisierungen ohne Auflagen genehmigen.
Noch weiß die Stadt nicht, wie lange die 100 Millionen Euro reichen, mit denen sie die Käufe bezuschusst. "Das ist nun mal so, wenn man Neuland betritt", sagt Finanzsenator Kollatz-Ahnen. Er sieht auch in anderen deutschen Städten Potenzial für das Berliner Modell. "Wir haben interessierte Anfragen", fügt er hinzu.
Sören Götz, Veronika Völlinger
Wenn ein Eigentümer ein städtisches Mietshaus verkaufen will, meldet sich derzeit oft ein Immobilieninvestor als Interessent. Für den Eigentümer meist eine gute Nachricht, denn der Investor macht ein gutes Angebot. Für die Hausbewohner nicht, denn er will das Geld für seine Investition natürlich wieder reinholen. Das bedeutet dann Luxussanierung, steigende Mieten oder Mietwohnungen, die zu Eigentumswohnungen werden. Für viele bedeutet das den Auszug.
Die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin hatte sich zur Aufgabe gemacht, diese Verdrängung stoppen. Im Koalitionsvertrag verpflichteten sich SPD, Linke und Grüne darauf, dass künftig das Land verstärkt kaufen soll, bevor ein Investor einsteigt. In dieser Woche hat der Senat ein Konzept vorgestellt, damit das sogenannte Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten systematisch zum Einsatz kommen kann.
Aber wirkt das Instrument, das auch andere deutsche Städte einsetzen, um sich gegen das große Geld zu stemmen? In den vergangenen Monaten haben Berliner Wohnungsunternehmen acht Objekte mithilfe ihres Vorkaufsrechts gekauft, vor allem im Szenekiez Friedrichshain-Kreuzberg. Eine große Wohnanlage mitten in Kreuzberg kaufte eine landeseigene Wohnungsfirma für 56,5 Millionen Euro, eine andere Wohnungsbaugesellschaft erwarb zwei Kreuzberger Mietshäuser für 2,8 und 4,4 Millionen Euro. Mieter und Gentrifizierungsgegner jubeln. "Wir kaufen uns die Stadt zurück", sagt der Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne).
Bei weiteren zwölf Häusern mussten sich die Investoren verpflichten, auf Luxussanierungen zu verzichten oder keine Mietwohnungen in Eigentum umzuwandeln. Die Berliner Regierung ist stolz: Etwa 400 Wohnungen seien so in die öffentliche Hand übergegangen. "Und das nur in einem halben Jahr", sagt der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD).
Im gleichen Tempo will die Hauptstadt weitermachen. Damit wird eine Politik der vergangenen Jahre zurückgedreht: Seit den neunziger Jahren haben alle Berliner Regierungen Hunderttausende Wohnungen privatisiert – besonders umstritten etwa war der Verkauf der landeseigene Wohnungsbaugesellschaft GSW mit 66.000 Wohnungen unter dem rot-roten Senat von Klaus Wowereit (SPD).
Um Häuser kaufen zu können, greift Berlin auf den Milieuschutz zurück – so wie immer mehr Städte, die befürchten, dass Investoren die bisherigen Mieter aus ihren Wohnungen verdrängen.
Mieter schützen – wie funktioniert das?
Möglich macht das der Paragraf 172 des Baugesetzbuchs, ein Bundesgesetz. Städte und Gemeinden können über eine sogenannte Erhaltungssatzung Gebiete bestimmen, in denen sie etwa die soziale Zusammensetzung der Anwohner erhalten wollen oder die städtebauliche Eigenart bewahren wollen. In Berlin gib es aktuell 37 Milieuschutzgebiete, weitere sollen entstehen. "Ziel des Milieuschutzes ist, dass Mietwohnungen auch Mietwohnungen bleiben", sagt Finanzsenator Kollatz-Ahnen.
Für die Eigentümer hat das in allen deutschen Städten drei Folgen: Erstens müssen sie große Modernisierungen von der Stadtverwaltung genehmigen lassen. Die will verhindern, dass die Eigentümer mit dem Einbau von Gästetoiletten, Fußbodenheizungen oder einer Vergrößerung der Wohnung die Mieten nach oben treiben. Zweitens kann die Stadt verbieten, Miet- in Eigentumswohnungen oder Büroräume zu verwandeln.
Das Land gibt Geld
Drittens hat die Stadt in Milieuschutz-Gebieten eben ein Vorkaufsrecht. Wenn Gebäude zum Verkauf stehen, kann die Stadt sie übernehmen und einem städtischen Unternehmen übertragen, das dauerhaft günstige Mieten anbietet. Wer das Gebäude kaufen möchte, kann den Kauf durch die Stadt nur verhindern, indem er eine sogenannte Abwendungserklärung unterschreibt. Der neue Eigentümer verpflichtet sich dann, die Wohnungen weiterhin zur Miete anzubieten und keine Luxussanierungen vorzunehmen. Die Erhaltungssatzung muss die Stadt für jedes Gebiet alle fünf Jahre erneuern.
Berlin will nicht wahllos Wohnungen kaufen, die Stadt hat einen "Fahrplan", wie die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), sagt. Das soll die Prüfverfahren beschleunigen, ob sich der Kauf auch lohnt. "Da wird kein Geld rausgeschmissen", versichert der Finanzsenator Kollatz-Ahnen. Die sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften hätten im vergangenen Jahr Gewinne von insgesamt 380 Millionen Euro gemacht. Damit könnten sie die Käufe finanzieren. Das Land Berlin selbst habe bisher etwa 100.000 Euro bei jedem Hauskauf beigesteuert, sagt Kollatz-Ahnen.
"Klientelpolitik" und "Wahlkampf"
Auch andere deutsche Großstädte haben den Milieuschutz in den vergangenen Jahren genutzt, gehen aber meist zögerlicher vor als Berlin. In Hamburg gibt es seit 2011 Gebiete mit Milieuschutz. Derzeit sind es neun, in denen 125.000 Menschen leben. Bald kommen zwei weitere mit 71.000 Einwohnern hinzu. Über das Vorkaufsrecht hat Hamburg bisher nur ein Mietshaus erworben. In fünf weiteren Fällen hat die Stadt mit den Käufern Vereinbarungen getroffen, um die Ziele des Milieuschutzes einzuhalten.
So verfährt auch Frankfurt am Main. "Insgesamt haben wir in rund zehn Fällen das Vorkaufsrecht ausgeübt, aber in nur einem Fall die Liegenschaft tatsächlich erworben", sagt der Sprecher des Magistrats, Mark Gellert. In den anderen Fällen hat der Käufer eine Abwendungserklärung unterzeichnet. Neun Milieuschutzgebiete gibt es in Frankfurt zur Zeit, sieben weitere sind geplant. Die Stadt ginge gerne noch weiter und möchte Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen grundsätzlich genehmigungspflichtig machen, sagt Gellert. Eine solche Verordnung müsse allerdings das Land Hessen erlassen.
In München setzt die Stadtverwaltung schon seit 30 Jahren auf die Erhaltungssatzung. Derzeit betrifft sie 21 Gebiete, in denen 261.000 Münchner leben. "Die Erhaltungssatzung ist für uns kein Instrument des Mieterschutzes, sondern eine städtebauliche Maßnahme", sagt der Sprecher des Referats für Bauplanung, Thorsten Vogel. "Es geht darum, den Charakter eines Gebietes zu erhalten." Dass die Mieten bezahlbar bleiben, sei eines der Ziele, aber nicht das einzige.
Doch nur "Klientelpolitik"?
Wohnungseigentümer beklagen sich über den Milieuschutz und das Vorkaufsrecht – zu viel staatliche Regulierung. "Das ist ein Markteingriff, der völlig normale Geschäfte verhindert", sagt Dirk Wohltorf vom Immobilienverband Deutschland. "Einige linke Politiker würden am liebsten ganz Berlin unter Milieuschutz stellen und geben dafür bereitwillig Steuergelder aus." Dabei seien die Mieten im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten immer noch moderat. "Der Milieuschutz bewirkt oft, dass sich junge Familien keine Eigentumswohnung kaufen können", sagt Wohltorf, "obwohl jeder weiß, dass das heute die einzige sichere Altersvorsorge ist." Er hält Milieuschutz deshalb für "Klientelpolitik" und "Wahlkampf".
Der Stadtforscher Sigmar Gude, der seit Jahrzehnten die Entwicklung der Milieuschutzgebiete in Berlin für die Bezirke begutachtet, weist darauf hin, dass der Milieuschutz überschätzt wird. "Es hat seine Wirkung, ist aber kein sehr starkes Instrument", sagt Gude. Es profitierten nur Menschen, die dort schon wohnen, weil der Staat nur Modernisierungen reguliert. "Bei Neuvermietungen gibt es keine Handhabe", sagt Gude.
Andere Städte interessieren sich fürs Berliner Modell
Der Deutsche Mieterbund würde sich wünschen, dass Politiker Milieuschutz öfter einsetzen, um "Gentrifizierungsdruck" abzumildern, sagt Geschäftsführer Ulrich Ropertz. Dass ihn Städte nur zögerlich nutzen, könne auch daran liegen, dass "der Einsatz öffentlicher Gelder für eine sehr überschaubare Anzahl von Mietern in der Öffentlichkeit oft auf Unverständnis stößt".
Das prominenteste Argument gegen Milieuschutz ist die Sorge, dass die Eigentümer keine Anreize mehr haben, überhaupt etwas zu sanieren – denn sie dürfen die Kosten ja nicht mehr auf die Mieter umlegen. Der Stadtforscher Gude hält davon nichts. "Seit der ersten Untersuchung eines Gebiets in Kreuzberg 1992 hören wir dieses Argument", sagt er. "Das ist absolut unsinnig." Auch in Kreuzberg habe es zeitgemäße Aufwertung gegeben, seit der Erneuerung des Baugesetzes müssten die Behörden solche Standardmodernisierungen ohne Auflagen genehmigen.
Noch weiß die Stadt nicht, wie lange die 100 Millionen Euro reichen, mit denen sie die Käufe bezuschusst. "Das ist nun mal so, wenn man Neuland betritt", sagt Finanzsenator Kollatz-Ahnen. Er sieht auch in anderen deutschen Städten Potenzial für das Berliner Modell. "Wir haben interessierte Anfragen", fügt er hinzu.
Sören Götz, Veronika Völlinger